Sonntag, 12. August 2012

Sweet Amoris FanFiktion - Kapitel 1

»Meine Liebe, wie gern würde ich hier an deiner Seite verweilen und mein Leben mit dir verbringen«, ertönte die faselnde Stimme meines Stiefbruders. Erneut stellte ich fest, wie ich es hasste. Seine Art das weibliche Geschlecht mit seiner Süßholzraspelei um den kleinen Finger zu wickeln war abstoßend. Wieso konnte er nicht einfach die Wahrheit sagen, so wie jeder andere Mann auch? Ehrlich, man hatte mich mit diesem Bruder bestraft, nichtsdestotrotz ist er der einzige Verwandte, den ich noch besaß. Vor einigen Jahren heirateten unsere Eltern. Meine Mutter fand endlich ihr Glück, nachdem mein Erzeuger sie eiskalt sitzen ließ und sich eine jüngere Frau suchte. Ich wollte es ihr nie streitig machen, Zugern sah ich sie aus ganzem Herzen lachen und in ihrem neuen Leben aufblühen, doch diesen schleimspurigen Stiefbruder hätte sie mir ersparen können. Seine goldbraungebrannte Haut mir diesen Wasserstoffdioxiden blonden Haaren reicht nicht aus, nein es musste auch noch dieses abstrakte Gefasel sein, mit dem er den Frauen den Laufpass gab. Ein einfaches ‚ich wollte dich nur für eine Nacht‘ tat es nicht. Sein Ruf war ihm um einiges lieber. Statt sich um dieses Modepüppchen in seinem Raum zu kümmern, sollte er erst einmal seine Sachen packen. Viel anderes machte ich die letzten Tage nicht, den morgen früh würden wir mit dem Flieger nach Frankreich, um dort ein neues Leben zu beginnen. Vor etwa einem Monat verbarg die Realität einen harten Schicksalschlag, den ich gerne umgangen hätte. Unsere Eltern machen einen Segelausflug und gerieten in einen Sturm. Zum Unglück aller die sie mochten und liebten verstarben sie dabei. Dadurch, dass meine Mutter ein Waisenkind war und mein Vater unauffindbar war, gehörte ich nun gänzlich zur Familie dieses abstoßenden Jungen, der sich mein Bruder schimpfte. Seine Tante hier in Australien konnte uns nicht aufnehmen, sie hatte bereits selber vier Kinder und so entschied das Gericht, dass es das Beste für uns wäre, wenn wir nach Frankreich gehen. Der Nächste unmittelbare Verwandte meiner ach so geschätzten Verwandtschaft lebte dort.

Die Türe knallte ins Schloss, was mich direkt erleichternd seufzen ließ. 

»Bist du die plastische Schönheit losgeworden?«, schrie ich lauthals durch das Haus. Mir war egal, dass die Fenster offen waren und dieses Ding mich hätte hören können. Was sollte ich auch ruinieren? Morgen müssten wir sowieso beide ein neues Leben anfangen. 
 »Schrei nicht so laut, ich bin nicht taub!«, konterte er mit einer für ihn selbstverständlichen Gelassenheit und kam zum Wohnzimmer. 
 »Du bist lediglich neidisch, dass dich Mauerblümchen niemand haben will.« Grimmig sah ich auf den Gleichaltrigen, der sich unmittelbar vor mich stellte. Das war definitiv ein Punkt für ihn, doch würde ich mir das niemals anmerken lassen. Ich sah wirklich aus wie ein Graue Maus. Dauernd trug ich diese Schuluniform und meine schwarzen Haare waren ordentlich nach hinten gekämmt. An den Seiten befestigte ich sie immer mit zwei Spangen, damit sich bloß keine Strähne ins Gesicht verirrte. Aber egal, ich mochte es so auszusehen. 
 »Wenn ich mich mit dir in der Öffentlichkeit zeigen würde, wäre mein ganzer Ruf hinüber«, fügte er seiner Beleidigung hinzu. Das war unser Alltag und jeden Tag ging er aufs Neue los. 
 »Immerhin verwechsel ich nicht den Namen meiner Betthäschen«, konterte nun ich und sah erhaben auf den Blonden vor mir. Einen Augenblick entgleiste sein Gesichtsausdruck, jedoch währte dies nicht für lange, den sofort hatte er sich wieder gefangen und ließ sich neben mir aufs Sofa fallen. Er überlegte, was er sagen konnte. Die Denkfalten in seinem Gesicht verrieten ihn, doch unerwarteterweise kam nichts von ihm, stattdessen lehnte er sich seufzend gegen die Rückenlehne.

Wir schwiegen uns an und saßen einfach nebeneinander auf dem Sofa, so wie früher, wenn wir mit unseren Eltern einen Fernsehabend gemacht hatten. Dieser Gedanken jagte mir abrupt Tränen in die Augen, welche ich krampfhaft versuchte zu unterdrücken. Ich wollte hier nicht weinen, nicht vor Dakota, obwohl es ihm sicherlich nicht besser erging. 

 »Wie weit bist du mit packen?«, durchbrach er leise die Stille um uns, während ich mich aufrichtete. 
 »Fast fertig«, hauchte ich aus, zu mehr reichte meine nicht mehr, bevor sie meinen Gefühlen unterliegen würde. 
 »Und du?«, quetschte ich noch hervor, spürte aber bereits, wie meine Stimme anfing zu beben. Schon machte ich mich auf dem Weg aus dem Raum und hielt erst im Türrahmen inne um seine Antwort abzuwarten. 
 »Noch nicht angefangen«, sprach er aus. Nach diesen Worten ging ich einfach raus und in mein Zimmer. Dort angekommen ließ ich mich auf mein Bett fallen und presste mein Gesicht ins Kissen, um meinen Tränen freien Lauf zu lassen.

Es war bereits dämmrig, als ich mich von meinem Bett erhob und mir über die Augen rieb. Ich musste eingeschlafen sein, anders konnte ich mir nicht erklären, warum es dunkel war. Leise schritt ich aus meinem Raum und ging auf direktem Weg zu Dakotas Zimmer. Zaghaft klopfte ich an, doch als auf diese Handlung keinerlei Reaktion kam, öffnete ich kurzerhand die Türe. Seine Stube war leer, wie so oft, und gänzlich vom Chaos eingenommen. Aber wieso sollte ich etwas Abweichendes von seinem Reich erwarten, immerhin war er das genaue Gegenteil von mir und versuchte dies auch in keinster Weise zu verbergen. Meine Gedanken schweiften darum, ob es ihn störte, wenn ich schon mal anfing seine Sachen zu packen. Einen kurzen Moment verbrachte ich beim Überlegen einer sinnvollen Antwort, bis ich die Initiative ergriff und einfach seinen Kram in Taschen und Kartons packte. Er schaffte es nicht mehr rechtzeitig, oder er würde nicht umhinkommen die ganze Nacht wach bleiben. Nur Kleidung, Bücher und wichtige Gegenstände sollten mit die Möbel mussten allesamt hierbleiben. Unfreiwillig traf ich nach einigen Stunden auf seinen Nachtisch. Ein Familienfoto war in einem hölzernen Rahmen und nahm fast den vollständigen Platz ein. Den Rest der Fläche konnte ich nicht genauer definieren. Papierfetzen, gestapelte Tassen und irgendwelcher Kleinkram. Sollte er sich selber hindurch wühlen, immerhin war ich nicht sein Dienstmädchen. Ich hob das Foto an und wollte es gerade in den Karton legen, ganz oben und schön abgepolstert, damit bloß nichts passieren könnte, doch das Leben meinte es nicht gut mit mir. Der Rahmen rutschte mir aus der Hand. Das Klirren des Glases war kaum zu überhören und mein darauffolgendes Fluchen sowieso nicht. Dakota würde mich umbringen, wenn er das sah. Schnell räumte ich die Scherben zusammen und rannte mit dem Bild in mein Zimmer. Irgendwo hatte ich noch einen unbenutzten Bilderrahmen. Das Glas sollte eigentlich passen. Erleichternd fand ich ihn schnell im obersten Karton und ließ mich aufs Bett fallen. Die Scheibe hatte nicht exakt die Größe der Alten, aber es dürfte nicht auffallen. Ein rutschendes Glas in einem Holzrahmen, der eh nur steht, würde der Aufreißer sicherlich nicht bemerken. So machte ich mich daran die Halterungen zu lösen und das Bild rauszuziehen. Im selben Moment rutschte ein kleineres Papier raus und fiel zu Boden. Verwundert hob ich es auf und starrte perplex darauf.

Erst die Schritte im Flur ließen mich aus meiner Starre entgleiten und schon wurde meine Türe aufgerissen.

»Verdammt Dina! Hab ich dich darum gebeten, meine Sachen einzupacken?« Dakota war wutentbrannt, seine Stimme bebte förmlich, doch urplötzlich stoppte er in seinem Wutanfall. Ich erhob meinen Blick auf ihn, sein Gesicht war kreidebleich, während er mich unaufhörlich anstarrte. 
»Es ist nicht so, wie es aussieht...«, stammelte er vor sich her und trat benommen einen Schritt in mein Zimmer. 
 »Woher hast du das?«, fragte ich ihn und hob das Foto an. Er schien einen Moment zu überlegen, bis er sich räusperte und schnell zu mir eilte. Sofort riss er mir das Bild aus der Hand und griff zeitgleich nach dem Rahmen auf meinem Bett. 
»Ein Junge hat es letzte Woche am Strand verkauft. Ich hab 50 Mäuse hingeblättert, um den Abzug mit negativ zu bekommen. Sollte ich etwa zulassen, dass er ein Foto von dir unter die Leute bringt, auf dem du ziemlich freizügig bist?« Bei diesen Worten merkte ich, wie mir das Blut ins Gesicht schoss. Ich wusste genau, was er meinte und sofort fiel mir der Abend ein, an dem es gemacht wurde. Es war auf einer Poolparty mit Freundinnen. Das erste Mal Alkohol und dazu Wahrheit oder Pflicht. Meine Aufgabe war es, mich wie in einem Männermagazin posend fotografieren zu lassen. Natürlich konnte man nicht sehen, ich trug immerhin den Bikini, nur hatte ich meine Arme so positioniert, dass es nur bei genauerem Hinsehen auffiel. Dakota ging bereits aus meinem Zimmer raus, während ich weiterhin darüber geschockt war, dass dieses Bild überhaupt in Umlauf geraten war. Und just in diesem Moment war ich froh, dass wir morgen früh abreisen würden.

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