Montag, 24. September 2012

let me be yours - Kapitel 4

So schnell er mich gefasst hatte, wandte er sein Gesicht von mir ab. Ruckartig umfasste er mein Handgelenk und riss förmlich meine Hand aus seiner Hosentasche, während er sich von mir weg drehte.
»Scheiße verdammt! RIO!!!«, fluchte er gereizt und achtete mich dabei keines Blickes. Im Augenblick hatte ich nicht daran gedacht, was ich hier eigentlich gemacht hatte. Wahrscheinlich war selbst ich zu betrunken, um daran zu denken, was für Gedanken ich in dieser Situation in seinen Kopf gedrängt haben musste. Es dauerte nur einen kurzen Moment, da stand Rio bereits mit einem verständnisvollen Lächeln neben uns.
»Kein Problem, ich penn bei euch.« Es war sicherlich das Beste, was gerade passieren konnte. Wenn ich getrunken hatte, war ich unbeholfen wie ein kleines Kind und provozierte solche Situationen, weil ich einfach nicht nachdachte. Bei solchen Gegebenheiten wäre es für Daniel nur umso schwerer, währenddessen einen klaren Gedanken zu halten. Allein das gerade verstrichene Geschehen, zeigte zu deutlich, wie naive ich war, wenn ich getrunken hatte. In meiner Handtasche befand sich ebenfalls ein Schlüssel, dennoch kam ich nicht im geringsten auf die Idee, lieber diesen zu nehmen. Nein, ich musste eher Daniel seine Last erschweren. Augenblicklich drehte ich mich zur Türe und schloss auf, denn immerhin hatte ich bereits den Schlüssel meines Bruders in der Hand, und schritt danach gefolgt von den beiden in den Flur. Daniel hielt sich unmittelbar in Rios nähe auf und beide stockten, nachdem die schwere Haustür zurück ins Schloss fiel. Sofort drang das Getuschel der beiden Männer bis zu mir durch, ich wusste zwar nicht, welches Thema sie angeschlagen hatten, aber ich vermutete, dass es dasselbe sein würde, wie bereits auf der Straße. Sicherlich versuchte der Latino meinen aufgebrachten Bruder mit aller Gewalt davon zu überzeugen, dass es nicht richtig wäre, diese Gefühle zuzulassen. Eigentlich hatte er damit auch recht, unter Geschwistern gehörte sich ein solches Verhalten einfach nicht, es war ungesittet und unmoralisch. Es war besser, dass er hier schlafen würde, ich wüsste nicht, wie lange ich Daniel hätte standhalten können. Normalerweise konnte er alles von mir verlangen, dafür, dass er mir seine ganze Jugend geopfert hatte und immer für mich da war, war ich ihm so dankbar, dass ich ihm fast jeden Gefallen tat. In meinem jetzigem Zustand ging ich sogar davon aus, dass ich selbst darauf eingegangen wäre, denn was anderes war es vor dem Polizeirevier auch nicht.

Ich hatte mich gerade erst schwankend aus den unbequemen High Heels befreit, als sich eine Hand auf meine Schulter legte und diese mit einer leichten Festigkeit umgriff. Augenblicklich fuhr ich herum und blickte direkt in die türkisen Augen Daniels.
»Rica, es wäre besser, wenn...«, er stockte mitten im Satz, dass was er sagen wollte schien ihn von innen heraus aufzufressen und seine gänzliche Kraft aufzubrauchen. In seinem Gesicht konnte ich sehen, dass er innerlich mit sich selbst kämpfte.
»Ich will dir nicht wehtun, deshalb solltest du zu Vater ziehen.« Ich ahnte, wie schwer es für ihn sein musste, diese Worte über seine Lippen zu bringen und dennoch breitete sich in mir ein ungutes Gefühl aus. Was wäre, wenn er mich weg schickte und Vater immer noch nicht über Mutters Tod hinweg wäre, wäre ich dann gänzlich ohne zuhause?
»Daniel...« Augenblicklich legte er einen Finger auf meine Lippen und starrte mich an. Im gedämpften Licht, welches auf sein Gesicht drang, sah es so aus als stünden ihm Tränen in den Augen und sich bereits ein paar vereinzelte ihren Weg über seine Wangen gesucht hätten. Ich konnte nicht sicher sagen, ob es wirklich der Fall war, dafür war die Lichtquelle einfach zu schwach. Vorstellbar war es auf jeden Fall, diese ganze Situation musste ihn an die Grenzen führen, sonst würde er niemals erwägen, ausgerechnet diesen Schritt gehen zu wollen. Doch die Tatsache, dass Rio im selben Raum stand wie wir, machte es eigentlich unmöglich. Niemals würde Daniel sich die Blöße geben, selbst nach Mutters Unfall hatte er vermieden, seine Trauer vor mir zu zeigen.
»Wenn ich dich nicht zu ihm schicke, werde ich dich verletzen. Das will ich noch weniger, ich brauche dich.« Seine Stimme war nur ein kaum verständlicher Lufthauch und dennoch reichte es, um mir den ernst der Lage zu verdeutlichen. Stumm nickte ich, jedes Wort das ich hätte sagen können, wäre überflüssig gewesen. Daniel hatte seine Meinung bereits kundgegeben und widersprechen wäre nicht drin gewesen. Für ihn wäre es sicher das Beste, etwas Abstand zu mir zu gewinnen und etwas alleine zu unternehmen. Wahrscheinlich würden seine Gefühle zurückgehen, wenn sie nicht dauernd aufeinander hockten. Ich war mir sicher, dass er sich diese nur einbildete. Für einen Moment lehnte ich mich an ihn, nur einen Augenblick, in dem ich überlegte, was ich ihm sagen könnte, ohne ihn zu verletzen. Innerlich war ich meiner Gefühle nicht schlüssig. Einerseits loderte in mir eine Wut, dass er mich wegstieß und alleine lassen wollte, doch andererseits konnte ich ihn verstehen. Daniel lächelte sanft, als ich mich wegdrehte, wahrscheinlich wäre es vorerst das letzte Mal, dass ich ihn sah. Ich kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er morgen früh nicht hier wäre, da er sonst gegen seine Entscheidung vorgehen würde, um mich aufzuhalten. Doch für heute reichte es, die ganze Aufregung hatte mich mitgenommen und gerade sehnte ich mich nur noch nach meinem Bett. Ich würde noch schnell meine Tasche mit den nötigsten Sachen packen und dann schlafen gehen, was anderes konnte ich für Daniel nicht mehr machen.
Ich stand gerade am Treppenansatz, als ich einen dumpfen Knall hörte. Mein Bruder musste gegen die Wand geschlagen haben. Sicherlich war es sein Hass darauf, dass ich seine Schwester war. Zwangshaft drängte ich mich dazu, mich nicht zu ihm zu drehen, ich wollte ihm nicht seine Stärke nehmen. Nichtsdestotrotz machte ich mir Sorgen um ihn, was sollte aus ihm werden, wenn ich nicht da wäre? Nur einen kurzen Moment wollte ich mich umdrehen, nur einen Augenblick in ihm das sehen, was er in mir sah, um ihn besser zu verstehen. Langsam ging ich die Treppe weiter hoch, ich hatte gerade die letzte Stufe, da ertönte seine Stimme, leise, aber deutlich genug um meinen Namen zu verstehen. Augenblicklich drehte ich mich um, ich hatte darauf gewartet, dass er mich ruft, dass er mich stoppt und mir sagt, dass ich hier bleiben sollte. Derzeit wollte ich nicht weg, nicht von ihm, er war meine ganze Familie und nie käme ich ohne ihn zurecht. Daniel sah mich nicht an, er stand mit dem Gesicht zur Wand, es war ein elender Anblick, der mich tief erschütterte. In den ganzen Jahren hatte ich ihn nicht einmal so gesehen und wir hatten bereits einiges durchgemacht. Rios Hand lag auf der Schulter meines Bruders. Ohne ihn würde Daniel an dieser Situation gänzlich zerbrechen.
»Ricarda...ich...ich liebe dich«, drang seine zitternde Stimme durch die Stille.
»Ich weiß, dass Vater es nicht erlauben würde und du daran zerbrechen würdest, deshalb möchte ich, dass du gehst.« Dies war das erste Mal, dass er diese Worte aussprach, die Andeutungen von Steve waren keine Seltenheit und Daniel konterte immer mit den unterschiedlichsten Antworten. Niemals nahm ich auch nur ein Wort ernst, doch dies hier war purer Ernst, er wusste genau, welche Worte er nutzte. In dieser Situation kam Daniel mir nicht betrunken vor, wie es vorher der Fall war. Sogar seine Stimme war klar. Ihm konnte man ohne weiteres zutrauen, dass er den Abend lang ohne Alkohol verbracht hatte, da er immer Cola-Rum trank. Es wäre niemandem aufgefallen, wenn er pure Cola getrunken hätte. Ich wollte wieder zu ihm, in mir loderte das Verlangen einfach meine Arme um ihn zu legen und mich an seinen starken Körper zu lehnen, so wie ich es sonst gemacht hatte. Doch als ich ansetzte die ersten Schritte hinab zu machen, sah Rio zu mir hinauf, seine Augen blitzten finster auf.
»Ricarda, bleib oben! Pack einfach deine Tasche«, seine Stimme war befehlend. Für einen Moment erschrak ich, von ihm war ich diese kälte am wenigsten gewohnt, doch ohne ein Wort, nur mit einem Nicken versuchte ich dies nicht weiter zu beachten. In diesem Moment hätte mich Rio nicht bis Daniel durchgelassen, als eingeweihter Außenstehender wusste er, was besser für uns beide war. Schnell eilte ich zum Wandschrank und zog eine Reisetasche heraus. Erst danach betrat ich mein Zimmer und schaute mich um. Ein sanftes goldgelbes Licht ließ meinen Raum erhellen und schenkte jedem Centimeter eine angenehme Wärme. Der eichenfarbene Parkettboden wurde zur Hälfte von einem bordeauxroten Teppich verdeckt, der sich nach einigen Jahren gebrauch immer noch erfreulich weich anfühlte. Die Wände in leichtem Caramel gaben dem Zimmer die nötige Freundlichkeit. Gegenüber der Türe prangte ein viertüriger Kleiderschrank mit Spiegeltüren, genau auf diesen ging ich zu, wobei ich den Koffer achtlos auf das Futonbett zu meiner Rechten fallen ließ. Ich zog einige Kleidungsstücke raus, bei denen ich mir sicher war, dass ich diese anziehen würde, und verstaute sie in der Tasche. Erst danach ließ ich mich aufs Bett fallen und starrte regungslos an die Decke. Einzelne Tränen sammelten sich in meinen Augen und rannen über meinen Wangen hinab, während ich darüber nachdachte, dass ich morgen diesen Raum hier verlassen würde. Ab da würde nichts mehr so sein, wie es einmal war.

Am nächsten Morgen riss mich die lärmende Haustürklingel aus dem Schlaf. Sie klingelte bereits einige Zeit, aber bisher war ich zu müde, um mich aus dem Bett zu bewegen. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits Mittag war und mit dieser Erkenntnis machte ich mich auf den Weg, dem Dauerklingler die Türe zu öffnen. Schnell zog ich mir meinen Morgenmantel über, bevor ich die Treppe hinab eilte, damit dieses nervenberaubende dröhnen aufhörte. Vor mir stand Ashleys Freund, Shane, wie immer strahlte er mir freudig entgegen. Seine schwarzen Haare standen ihm wild vom Kopf ab, während seine braunen Augen seine Laune widerspiegelten. Shane gehörte zu den ruhigen aus unserer kleinen Gruppe, gutaussehend, aber meiner Meinung nach einfach zu freundlich. Lächelnd sah er mich an und hob seine Hand, während er ein kurzes
»Morgen« aussprach. Schon drängte er sich an mir vorbei ins Haus und blieb erwartungsvoll hinter mir stehen. Einige Zeit beobachtete ich ihn einfach, doch als von ihm nichts kam, sah ich ihn fragend an.
»Was machst du hier? Solltest du nicht lieber bei Ashley sein?«
»Wie blau warst du gestern, Schätzchen? Ich soll dich abholen und zu deinem Vater bringen. Rio hat mich dafür extra aus dem Bett geworfen, also los jetzt.« Perplex betrachtete ich den jungen Mann vor mir. Mir war der gestrige Abend doch tatsächlich entfallen, doch mit der Aussage Shanes, drang es wieder in mein Gedächtnis. Ohne ein weiteres Wort hing er seine Jacke an die Garderobe. Er würde nicht einfach wieder gehen, so viel stand bereits fest, folglich musste ich mich fertigmachen.
»Du bist auch ein wenig naiv, oder? Meinst du, dass mit dir und Rio hat noch einen Sinn, jetzt wo du zu deinem Vater ziehst?« Verwundert, was er mit diesem Satz meinte, drehte ich mich wieder zu ihm um. Er sprach von Rio und mir. Ohne mir die Chance zu lassen, mich zu erklären, lehnte er sich lässige gegen das Treppengeländer und sprach weiter.
»Steve meinte irgendwie sowas. Ihr sollt wohl die Nacht zusammen verbracht haben. Es geht mich zwar nichts an, aber ich weiß nicht, ob ausgerechnet ihr beide zusammenpassen würdet.« Kopfschüttelnd betrachtete ich Shane. In meinen Erinnerungen des letzten Abends gab es keinerlei solcher Informationen. Doch als ich sein immer breiter werdendes Lächeln bemerkte, wurde mir bewusst, was er meinte. Unbeholfen verfiel ich in einen Lachkrampf und schaffte es nicht, mich zu beruhigen. Jeder hier wusste, dass ich nicht zu Rio passen würde. Eigentlich hätte ich auch nicht damit gerechnet, dass die Aussage des Latinos solch einen Tumult bringen könnte. Auf dieses Gespräch könnte ich mich nicht ernsthaft einlassen. Weder würde ich Rio und Daniel in den Rückenfallen, noch könnte ich Diskussionen führen, ohne in einen weiteren Lachanfall zu bekommen.
»Shane, ich geh meine Tasche holen und danach fährst du mich zu meinem Alten, ganz ohne Kommentar, verstanden?«, fuhr ich ihn mehr oder weniger an. Er nickte kurz, doch sein Grinsen, dass er dabei auflegte, deutete jedoch das genau Gegenteil an. Es wären nur meine Nerven, die er damit zerstören würde.
Schnell eilte ich nach oben und packte mir einige Klamotten, bevor ich zum Bad schritt, um erst einmal zu duschen. Während das Wasser so auf mich niederprasste drifteten meine Gedanken ab. Immer mehr stellte ich mir die Frage, ob an dem was Shane sagte, mehr war als nur eine Vermutung von Steve. Alle Erinnerungen des Abends waren nur einige Bröckchen. Im Zusammenhang konnte ich mich an nichts besinnen. Vielleicht sagte er die Wahrheit und ich hatte die Nacht mit Rio verbracht, aber andererseits hätte er das niemals Daniel angetan. Es könnte auch einfach nur ein Gerücht sein, das Steve als Rache in die Welt gesetzt hatte. Am besten wäre es, wenn ich einfach warte und später mit Rio und meinem Bruder darüber reden würde. Das gäbe mir die Gewissheit über das Geschehen. Doch dann kam mir der Gedanke, was geschehen könnte, wenn es der Wahrheit entsprach und Daniel es mitbekommt. Irgendwie schien gerade alles schief zu laufen, was nur ging. Mein Leben stellte sich durch die letzte Nacht komplett auf den Kopf und einen einfach Ausweg fand ich nicht. Wahrscheinlich wäre es gerade einfach das Beste, wenn ich zu meinem Vater gehe und versuche alles zu vergessen. Ein neues Leben anfangen und nicht zurück schauen, so als sei nie irgendwas geschehen. Entschlossen diesen Weg zu gehen, stieg ich aus der Dusche und schlüpfte in eine schlichte Jeans und ein lockersitzendes Tanktop. Shane wartete bereits ungeduldig auf mich, als ich die Treppen samt Koffer hinunterging. Das Geschehen war irgendwie irritierend alles war so anders, als ich es gewohnt war. Zum ersten Mal in meinem Leben sollte ich einen wichtigen Schritt ohne Hilfe machen. Ich fühlte mich alleine, alles glich für mich einem Albtraum, aus dem ich nicht erwachen konnte. Sanft legte Shane seine Hand auf meinen Rücken und bugsierte mich zu seinem Wagen, der sich unmittelbar vor der Haustür befand. Der nachtblaue BMW fiel sofort ins Auge und schon saß ich drin. Mein Schicksal drang unabwendbar auf mich zu.
»Na dann, auf zu deinem alten Herren. Mal schauen, was er sagt, dass du so plötzlich vor seiner Türe stehst.« Ich nickte nur, die Worte waren mir bereits vergangen. Für Shane ging alles wie eine Leichtigkeit vorbei, doch für mich fiel eine Welt zusammen. Die Ungewissheit, ob ich jemals wieder herkommen würde und mein normales Leben führen könnte, lag mir schwer im Magen.
»Demnächst kannst du mit Ashley zusammenziehen. Soweit ich gehört hab, zieht sie durch ihrem geplantes Studium in die Nähe.«
»Falls ich es überhaupt so lange da aushalte«, konterte ich und fixierte mich auf die Straße. Shane lachte, während er mir sanft gegen die Schulter schlug.
»Dein Vater wird dich schon aufnehmen. Er liebt dich, so wie es sich für einen Vater gehört.« Seine Ansicht nahm mir einen Teil meiner Angst, dennoch befürchtete ich, dass er sich irrte. Mein Glaube bestand darin, dass er mich hasste, weil ich aussah, wie Mutter, und er jedes Mal seine Fehler sah, wenn er mich betrachtete. Ich war mir sicher, dass er eine neue Familie gegründet hatte. Mutter war immerhin auch schon seine zweite Frau. Die Erste hatte ihn für einen anderen Mann verlassen.
Über eine Stunde fuhren wir durch die Gegend, dann bog Shane auf einen kleinen Parkplatz mitten in einer Wohngegend. Die Häuser hier lagen nicht so weit auseinander, wie da, wo ich bislang wohnte, aber dennoch konnte man dieser Gegend ihren gehobenen Stand ansehen. Meine Hände zitterten vor Anspannung, als er den Motor abstellte und sich in meine Richtung drehte.
»So Prinzesschen, wir sind da. Pass auf dich auf und meld dich zwischendurch, okay? Ich brauch jemanden, falls ich Probleme mit Ashley hab.« Mit diesen Worten brachte er mich zum Lächeln. Eigentlich schaffte er es immer wieder. Früher sagte ich immer, er war ein Idiot, weil er jedem alles stur ins Gesicht sagte, doch dieser Mann war wirklich liebenswürdig. Mit seinen Beziehungsproblemen kam er oftmals zu mir und so lernte ich ihn von anderen Seiten kennen. Einen kurzen Kuss hauchte ich auf seine Wangen, während ich die Türe öffnete.
»Pass mir auf Dan auf, okay?« Er nickte lediglich und schon stieg ich aus. Noch länger hier sitzen zu bleiben, würde nur meine Entscheidung beeinflussen. Mit meinem Koffer bepackt schritt ich zur Türe. Von aussen sah das Haus wirklich groß aus, es wirkte sogar größer als das, in dem ich mit Daniel wohnte. Auf dem Klingelschild entdeckte ich zwei Namen, ‚Crawford‘ und ‚Anderson‘. Irgendwie hatte ich es bereits geahnt. Vater gehörte nicht zu den Menschen, die lange allein sein konnten. Ich klingelte und wartete, dass mir jemand öffnete. Innen polterte es, es kam mir bekannt vor, wenn Daniel zur Tür rannte, klang es nicht anders. Die Türe wurde aufgerissen, vor mir stand ein junger Mann, er hatte nur eine Hose an, sie war geöffnet, wahrscheinlich hatte er sie sich gerade erst angezogen. Er sah mich mit seinen blassbraunen Augen an, sie wirkten leicht irritiert, mit seiner Hand fuhr er durch sein kurzgeschnittenes dunkelbraunes Haar.
»Kann ich ihnen helfen?«

Sonntag, 23. September 2012

let me be yours - Kapitel 3

Noch vollkommen perplex von dem vergangenen Geschehen versuchte ich meinen Körper wieder unter Kontrolle zukriegen. Erst als ich realisierte, was eigentlich passiert war, spürte ich, wie mir das Blut ins Gesicht schoss. Doch abrupt wurde ich in die Realität zurückgezogen, als Daniel grob nach meiner Hand fasste und sich vor mir aufbaute. Die Anspannung durchzog mich, als ich über seine Schulter zu der Person sah, die uns entgegen kam. Auch wenn er den Störenfried bereits erkannt zu haben schien, tappte ich immer noch im dunklen, bis er auf einmal ins Licht der Laterne trat und mir sogleich die Spucke im Mund wegblieb. Vor uns stand Steve, welcher meinen Bruder mit abschätzendem Blick betrachtete.
»Du hast nichts gesehen«, erklang die eiskalte Stimme meines Bruders in der Stille und jagte mir abrupt einen schauer über den Rücken. Er war sprunghaft, was seine Emotionen betraf, aber nur sehr selten erlebte ich ihn so kalt mit einem Hass, der selbst mich erzittern ließ.
»Dan, es ist okay«, hauchte ich leise aus. Die Angst davor, seine aufbrausende Art könnte überhandnehmen und er dadurch mehr Probleme bekam, als ohne hin schon der Fall war, übermannte mich. Gänzlich davon abgesehen, dass unser Gegenüber zum Freundeskreis gehörte, wäre dies keine günstige Position für einen Streit, immerhin standen wir weiterhin in unmittelbarer Nähe des Polizeireviers. »Was bietest du mir fürs Schweigen?«, allein anhand seiner Tonlage konnte ich das Grinsen in seinem Gesicht vernehmen. Instinktiv verkrampfte ich meine Finger in Daniels Hemd. Diese Situation war mir nicht geheuer. Mein Bruder spannte seinen Körper an, während er seinen Gegenüber fixierte. Nicht einen Augenblick löste er seinen Blick von diesem. Abrupt merkte ich, wie sich Daniel ein Stück nach vorne bewegte. Sofort spürte ich wieder die Angst, ich wollte nicht, dass ihm etwas passierte, weder, dass er Verletzungen erlitt, noch dass ihn Gesetzeshüter erwischten. Zu meiner Verwunderung hielt er mitten in der Bewegung inne und drehte sich zum Polizeigebäude.

»Ich hätte wetten können, dass ihr euch bereits an die Gurgel gesprungen seit«, drang Rios Stimme aus der ferne in unsere Richtung. Noch nie war ich so froh, ihn zu hören, wie in diesem Moment. Erleichtert seufzte ich auf und lockerte meinen Griff, der sich bereits schmerzhaft durch meine Finger zog.
»Du solltest dich raushalten!«, zischte Daniel Steve entgegen, während er mich hinter sich hervorzog und seinen Arm schützend um mich legte. Gerade rechtzeitig hatte mein Bruder seinen Satz beendet, den in jenem Moment traf auch Rio bei uns ein und wechselten seine Blicke zwischen Daniel und seinem Bruder. Der ältere Latino erkannte augenblicklich die Situation, selbst ohne Worte ahnte er, was hier passierte. Sofort schwang er einen Arm um Daniels Hals, zog ihn zu sich herüber und wuschelte ihm durchs Haar.
»Los ab nach Hause, wenn wir noch länger warten, ist die Nacht vorbei und ich brauch mich nicht mehr hinlegen, bevor meine Schicht beginnt. Ash wird nachher zu Shane gehen. Mum würde uns umbringen, wenn sie davon Wind bekommt, dass ausgerechnet ihre Prinzessin in der Ausnüchterungszelle gelandet ist.« Kaum hatte er seinen Satz zu Ende geführt, drückte er uns um die Ecke. Mit einem tiefen Lachen hielt Steve meinen besten Freund in seiner Bewegung auf und hob seine Hand in desen Richtung, der nur kopfschüttelnd darauf antwortete.
»Ich hab gewonnen Alter, rück die Mäuse raus. Mir war klar, dass dieser Aufreißer nicht mal vor seiner Schwester halt macht. Er kennt wirklich keinerlei Moral!« Mit einem Blick zur Seite konnte ich direkt sehen, dass Steve zu weit ging. In Daniel nahm die Wut erneut überhand, dass dünne Eis auf dem sich unser Gegenüber befand, begann unter seinen Füßen zu brechen, ohne dass er es bemerkte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er Daniel mit Absicht provozierte.
»Hör auf so einen Schwachsinn zu verzapfen, die Kleine gehört bereits geraume Zeit zu mir, kapiert?« In diesem Moment durchdrang Rio den Abstand zwischen uns, fasste meine Hand und zog mich in seine Arme. Anfängliche vollkommen perplex lehnte ich mich dann doch an meinen besten Freund. Meinem Bruder passte diese Handhabung nicht, allein an seinem fortwährend festigendem Griff um meine Hand wurde mir genau dies bewusst, dennoch sagte er nicht auch nur ein Wort.
»Das kannst du erzählen, wem du willst, ich hab eben gesehen...«
»Was? Das er sie geküsst hat? Hast du Ashley noch nie geküsst?« Unterbrach Rio seinen jüngeren Bruder und strich mir dabei sanft über den Arm, bevor er mich voran drückte. Der Latino wusste genau, wann der Moment kam Steve in die Schranken zu weisen, bevor Daniel auf Ideen kam, die sicherlich nicht so wortreich aussehen würden. Ich war ihm auch unwahrscheinlich dankbar dafür, denn sonst wären die Situationen schon des Öfteren eskaliert. Wir liefen den langen Weg entlang, etwa ein einhalb Stunden stures geradeaus, bis wir an einem etwas abgelegenen Viertel ankamen. Einige Häuser reihten sich hier aneinander. Jedes mit einem großen Vorgarten, ein bis zwei Garagen und großem Garten hinter dem Haus. Dies war die Wohngegend der gehobeneren Gesellschaft und unser Wohnort seit der Kindheit. Die Curtis wohnten direkt auf der anderen Straßenseite unseres Heimes, folglich legten sie denselben Weg zurück. Die ganze Strecke redeten wir über den Ablauf des Abends, wie jedes Mal gab ich meinem älteren Bruder Tipps, was er verändern könnte. Langsam musste er wirklich seine Aggressionen in den Griff bekommen. Wie immer bejahte er meine Aussagen, aber daran halten würde er sich dennoch nicht. Diese Unterhaltung führten wir schon zum dritten Mal diesen Monat.

Nach einem endloswirkenden Weg kamen wir letztendlich zuhause an. Das weiße Haus, dass fast schon einer kleinen Villa glich, lag direkt in unserem Rücken. Einzig die Straße wurde vom seichten Licht der Straßenlaternen erhellt, während der Rest von der Dunkelheit eingenommen wurde. Mittlerweile war ich so müde, dass ich mich an Rio kuschelte und seine Wärme förmlich aufsog. Doch, als er mich zu sich drehte und seine Lippen ihren Weg zu meinen fanden, war ich schlagartig wach. Erstarrt betrachtete ich ihn mit aufgerissenen Augen, während seine Blicke beruhigend auf mir lagen.
»Bis Morgen, Mäuschen«, sagte er locker und schritt auf Daniel zu, den er sofort ein Stück auf Seite zog. Ich beobachtete die beiden, an dem Gesichtsausdruck meines Bruders konnte ich erkennen, dass das Gespräch mit seinem Gegenüber nicht erfreulich war. Erst als ich Steves Augenmerk auf mir spürte, drehte ich mich vorsichtig in seine Richtung und kämpfte mit mir selber, ihm nicht irgendwas an den Kopf zu werfen. 

»Das mit Rio und dir ist mir neu, seit wann seid ihr ein Paar?« Ich zuckte mit den Schultern und versuchte so lässig wie nur möglich zu bleiben. Mein eiskalter Blick ruhte auf meinem Gegenüber, während ich ihm monoton antwortete:
»Was geht es dich an? Du hast sowieso was gegen mich, vielleicht weißt du es deshalb nicht.« Ein kurzes, kaum merkliches Lächeln huschte über seine Lippen, worauf er sich in Rios Richtung drehte. Mir war bewusst, dass er wieder irgendwas in seinem Kopf ausheckte.
»Hey Dan, ich wette hundert Dollar, dass du deine Schwester heute knallst!« Augenblicklich fuhr mein Bruder herum, seine Blicke blitzten hasserfüllt auf, nur selten war es so schlimm. Dieses Mal hatte Steve das Fass wirklich zum Überlaufen gebracht. Rio umfasste Daniels Arm, doch es half nichts, er riss sich los und schlug unverzüglich nach meinem Gegenüber.
»Ich weiß selber, dass es sich nicht richtig ist, aber wenigstens bin ich nicht so feige wie du!« Das hatte gesessen, Steve starrte ihn nur stumm an, sein Mund weit geöffnet, aber nicht den Hauch einer Ahnung, was er sagen könnte. Entweder er befürchtete noch eine Backpfeife abzubekommen, oder Daniel traf mitten ins Schwarze. Ich hasste nichts mehr, als dass sich die beiden stritten, irgendwann würde dies dafür sorgen, dass uns der Kontakt verboten werden würde. Mein Bruder sah mich nur an und schon wusste ich, dass er nach Hause wollte. Eigentlich brauchte er nie etwas sagen, man konnte es mit einer Seelenverwandtschaft vergleichen, den so in der Art war es wohl auch. Jeder von uns kannte die Gedanken des anderen, ohne, dass wir sie ansprechen mussten. Nur was noch hinter seiner Fassade steckte, das ahnte ich nicht im geringsten.

Daniel wandte sich von Steve ab und legte abrupt seinen Arm um meine Schulter. Augenblicklich drückte er mich an seine Seite, während er mir sanft einen Kuss auf die Stirn hauchte.
»Denk an meine Worte, Dan«, ermahnte Rio ihn. Scheinbar wusste er bereits um Daniels Gefühlslage. Mir war bewusst, dass ich die letzte Person sein würde, die jemals davon erfahren sollte, dennoch hätte ich es längst merken müssen. Nie hatte er sein eigenes Leben geführt, seit Mutters Tod war er vollkommen für mich da. Er brach seine Schullaufbahn ab, nur um in Vaters Firma zu arbeiten, schränkte seine Freizeit auf ein Minimum, damit er zu jeder Zeit für mich da sein konnte. Selbst unser Freundeskreis wuchs zu einem zusammen. Damals machten wir wenig gemeinsam. Meist hing ich mit Ashley rum, während er seine Zeit mit den Jungs verbrachte. Schnell erhob er seine Hand, aus Wut war ihm die Lust zum Reden vergangen. Sein Griff festigte sich und langsam drückte er mich zur Haustür voran.
»Es tut mir Leid, Rica«, wisperte er, während sich sein Kopf an den meinen lehnte. »Ich wollte niemals, dass es so ausgesprochen wird.«
»Schon gut, es ist in Ordnung. Ich nehme es dir nicht übel«, wisperte ich ihm entgegen. Die ganze Situation war mir gerade zu viel, ich wusste nicht, was ich genau denken sollte, was der Wahrheit entsprach und was einfach nur gesagt wurde, um die Zeit zu vertreiben.
»Lass uns einfach rein gehen und unseren Rausch ausschlafen.« Eigentlich war diese Anmerkung unsinnig, doch wollte ich nicht, dass er meine Unsicherheit bemerkte. Daniel fand immer die richtigen Worte, doch zu diesem Zeitpunkt wusste ich es einfach nicht besser. Er drückte seine Hand zu und hauchte mir zeitgleich einen sanften Kuss auf die Stirn. Schwanken schritten wir den kleinen gepflasterten Weg vom Bordstein bis zu Haustüre. Leise kicherte ich, als wir ankamen, und Daniel durch das Anhalten drohte nach vornüber zu kippen. Schützend stellte ich mich vor den größeren und legte meine Hand auf seinen Brustkorb. Sofort senkte er sein Gesicht und versuchte meinen Blicken auszuweichen. Unbeholfen hob er seine Hand und versuchte dabei seine Hosentasche zu erwischen. 

»Warte, ich helf dir«, hauchte ich, während meine Hand ohne Nachdenken in seine rechte Tasche fuhr, um den Schlüssel rauszuholen. Unvorhergesehen umfasste er meine freie Hand und presste mich Daniel im selben Moment gegen die Türe. Sein warmer Atem drang in mein Gesicht und raubte mir einen Moment den Atem, während er leise ‚verzeih‘ hauchte. Schon lagen seine sanften Lippen erneut auf meinen. Dieses Mal jedoch nicht so vorsichtig wie vorher, sondern verlangend und hungrig auf mehr. Vollkommen überrumpelt sah ich ihn an, als sich seine freie Hand in meinen Schritt drängte und mir so ein leises Stöhnen entlockte. Unverzüglich fand seine Zunge leidenschaftlich zu meiner und neckte diese liebevoll.

Donnerstag, 13. September 2012

Sweet Amoris FanFiktion - Kapitel 6

Genervt erhob ich meinen Blick. Bevor einer von uns etwas sagen konnte, ließ sich der Ungebetene einfach auf einem freien Stuhl nieder. 
»Seit wann hast du Zeit für eine Freundin?«, drang die abschätzende Stimme des Rotschopfes zu uns durch, während er seinen Blick auf den Schulsprecher richtete. 
»Gibt dir die Direktorin nicht mehr genug Aufgaben?« Castiel ließ seinem Gegenüber nicht mal die Chance sich zu äußern, als er sich bereits in meine Richtung drehte. 
»Und du scheinst genauso ranzugehen, wie dein Bruder. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, das sieht man auch bei unserem Blondschopf.« 
»Und du bist extra hergekommen, um uns genau das mitzuteilen?«, konterte ich und sah dabei auf den Tisch. Wie konnte dieser Kerl sich nur so viel rausnehmen? Er kannte mich nicht einmal, aber das Urteilen schien ihm nicht schwer zu fallen. Genervt blickte ich den Rothaarigen an und ließ ein gespieltes Lächeln über meine Lippen rutschen. Doch dieses Unterfangen wurde abrupt unterbrochen, als ich etwas kaltes an meiner Hand spürte und erschrocken aufschrie. Augenblicklich saß ich kerzengerade im Stuhl und starrte auf meine Hand. Castiel hatte Schwierigkeiten sich das Lachen zu verkneifen und erst nachdem er ‚Komm her Demon‘ ausgesprochen hatte, bemerkte ich den Grund. Unter dem Tisch hatte sich ein Beauceron bis zu meiner Hand durchgerungen und mich einmal mit seiner kalten Nase angestupst. Eigentlich wunderte es mich, dass ich diesen großen Hund vorher nicht gesehen hatte, doch schon konnte ich mir selbst ein Lächeln nicht verkneifen.

Castiel beruhigte sich wieder und lehnte seinen Arm auf den Tisch. Ein kleines Stück vorgebeugt betrachtete er ich und drehte sich dann zum Schulsprecher. 

»Ich war eine Runde mit Demon. Doch als ich euch beide hier erblickte, wurde ich neugierig. Ich muss meine Informationen über dich immer auf dem aktuellsten Stand halten, sonst kommst du irgendwann noch auf die Idee, den Schulverweis vorzuschlagen«, sprach dieser aus und grinste dabei gehässig. Die zwei Männer führten ein Gespräch, aus dem ich mich ziemlich löste, Mir war nicht danach mich ausgerechnet mit diesem Rotschopf zu unterhalten und so wartete ich auf das Eis. Als der Becher endlich vor mir stand, betrachtete ich die beachtliche Menge an Eiskugeln. Eigentlich sollte es ein kleiner Erdbeerbecher werden, aber klein war wohl relativ. Vier Kugeln Eis, einen Haufen Sahne und eine Waffel, waren in dem Glas untergebracht. Mit seinen großen treuen Augen saß Demon direkt neben mir und starrte mich abwartend an. Die Eiswaffel trat ich freiwillig an den Hund ab. Bei Hundeaugen wurde ich schon immer schwach. Nathaniel bezahlte am Ende und brachte mich bis zur Haustüre. Den Rotschopf wurden wir nicht los, bis wir uns letzten Endes auf den Weg machten. Betreten wandte der Blonde seinen Blick von mir und malte Kreise mit seinem Fuß auf den Boden. 
»Das mit Castiel war nicht geplant. Eigentlich hatte ich vor dich besser kennenzulernen«, stammelte er leise aus und vermied jeglichen Blickkontakt. 
»Nicht schlimm, es wir sicher noch genug Gelegenheiten geben«, antwortete ich ihm lächelnd und fuhr währenddessen mit den Finger über die Namen der Klingelschilder. Beim Dritten von oben hielt ich inne. 
»Ich würde dich gern rein bitten, allerdings weiß ich nicht, wie Dakota darauf reagieren würde. Weißt du, normal ist er derjenige, der augenblicklich jemanden kennenlernt und mitbringt«, erklärte ich mich leise und hoffte, dass diese Worte nicht falsch rüberkamen. Mit einem verständlichen Lächeln nickte er und verabschiedete sich von mir.

Langsam ging ich die Treppen rauf und legte seufzend meine Tasche auf den Boden. 

»Was willst du von dem Blonden?«, drang Dakotas Stimme zu mir durch, als ich gerade die Tür geschlossen hatte. Dem Aufreißer entging wirklich nie etwas, dauernd wusste er über alles bescheid. 
»Er hat mich lediglich nach Hause gebracht, nachdem mein ach so toller Bruder früher gehen durfte und mich Boris versetzt hat.«, grummelte ich ihm entgegen. Langsam ging ich zum Sofa und ließ mich direkt darauf fallen. Dakota kam augenblicklich aus dem Schlafzimmer und hockte sich vor mir auf den Boden. Lediglich eine Jogginghose verdeckte den unteren Teil seines Körpers. Er liebte es seinen Oberkörper zu zeigen, viele in unserem Alter fuhren auf seine Tattoos ab und wurden dadurch leichter zu verführen. 
»Ich dulde nicht, dass du dich mit jemandem triffst. Dir könnte etwas passieren, Dina«, hauchte er leise aus, während er seine Arme auf meinen Oberschenkel ablegte und seinen Kopf darauf stützte. Ich beachtete ihn nicht weiter, stattdessen ließ ich meinen Hinterkopf auf die Lehne prallen und stöhnte gequält auf. 
»Bei diesem Castiel müsstest du dir mehr sorgen machen. Nathaniel ist ein zuvorkommender junger Mann. Außerdem bin ich nicht wie du, ich brauch nur Freunde und keine Betthasen!« Ich wusste genau worauf er hinauswollte. Ihn störte es, dass ausgerechnet ich vor ihm Bekannte fand. Nur ungern war er der Zweite, was Kontakte anging, doch hatte er sich einen Glanz Start erlaubt. 
»Halt dich von den Kerlen fern!«, zischte er kalt, woraufhin ich ihn entsetzt anstarrte. Solch ein Verhalten war mich vollkommen unbekannt, eigentlich scherrte er sich kein bisschen um mich. 
»Ansonsten werde ich Mittel und Wege finden, damit sie Abstand von dir halten!« Seine Augen wirkten ebenso eisig, wie seine Worte, ich konnte nicht erahnen, warum er auf einmal so war. Die ganzen Jahre über interessierte ihn nicht, was ich tat, doch ausgerechnet jetzt mischte er sich in mein Leben ein und spielte den großen Beschützer. 
»Ich mach das, was mir zusagt und nicht das, was du mir vorschreibst!«, schrie ich ihn an, während ich ihn von mir drückte, ins Schlafzimmer eilte und die Türe hinter mir ins Schloss knallen ließ.

Gähnend streckte ich mich und starrte aus dem Fenster. Der Unterricht war ziemlich langweilig, was die Strapazen der letzten Wochen bemerkbar machte. Ich ging Dakota aus dem Weg, wo es nur möglich war. Nach wie vor wollte er diese Beschützerrolle übernehmen und mir war weiterhin nicht danach klein bei zu geben. Die Pausen verbrachte ich zumeist im Schulsprecherbüro mit Nathaniel und Melody. Nachmittags unternahm ich meist irgendwas, entweder mit Melody und Iris oder ich zog allein durch die Straßen. Eigentlich war ich nur noch zum essen und schlafen zuhause. Doch jetzt saß ich im Unterricht fest, obwohl das Wetter draußen herrlich war. Mathe war dran und das Thema waren irgendwelche Gleichungen. Bei den Zahlen verstand ich sowieso nur Bahnhof, wie sollte es auch anders sein, ich konnte lediglich was mit den künstlerischen Fächern anfangen. Langsam ließ ich meinen Blick über den Schulhof streichen und entdeckte den Rotschopf am anderen Ende auf einer Bank liegen. Ein Buch lag auf seinem Gesicht, aber die Kleidung war eindeutig seine. Dieses Shirt von den Winged Skulls konnte nur seins sein. 

»Fräulein Dina, könnten sie mir die Lösung sagenP«, drang die Stimme meiner Lehrerin zu mir durch. Erschrocken drehte ich mich zu ihr, stellt mich auf und sah betreten auf die Tafel. Die Formel, die dort stand, sagte mir gar nichts. 
»Wie wäre es zur Abwechslung mal, wenn sie dem Unterricht folgen würden? Für Träumereien haben sie nach der Schule noch genug Zeit!« Ich nickte und murmelte ein ‚Entschuldigung‘ vor mir her, während ich mich setzte. Die Dame wollte noch etwas sagen, doch just in diesem Moment drang die Schulglocke durch den Raum. Erleichtert seufzte ich auf, packte meine Tasche und eilte mit den anderen Schülern aus dem Zimmer. Auf den Unterricht hätte ich mich nicht weiter konzentrieren können. In Gedanken versunken schlenderte ich durch die Gänge auf dem Weg zum Schulsprecherbüro und achtete nicht auf den Weg. Es musste so kommen, wie es letztendlich kam. An einer Ecke rannte ich in eine kleine Gruppe von übelsten Modepüppchen rein. 
»Kannst du nicht aufpassen?«, zischte mich die Erste an und strich sich ihre Haare aus dem Gesicht. Erstaunt sah ich auf, während mein Blick an ihrer blonden Lockenpracht hängen blieb. War das die Tussi aus dem Flugzeug? Und wieso fuhr sie mich an, sie hätte doch genauso auf den Weg achten können. Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als eine der Zwei hinter ihr mein Wort abschnitt. 
»Amber, ist das nicht die Kleine von dem Bild am schwarzen Brett?«