Mittwoch, 8. August 2012

behind your eyes - Kapitel 12

Ein ungutes Gefühl in meiner Magengegend ließ mich augenblicklich hochfahren, was allerdings ein kräftiger Griff um meine Taille verhinderte.
»Gut geschlafen?«, drang Masons verschlafene Stimme in mein Ohr. Schlagartig drehte ich meinen Kopf in seine Richtung. Ihm konnte man den Schlaf noch ansehen, vermutlich hatte ich ihn mit meiner Bewegung geweckt. Mit einem sachten Nicken bestätigte ich seine Aussage und lehnte mein Kinn auf seinen Brustkorb, der sich sanft mit seiner Atmung bewegte. Er sah zufrieden aus, nahezu glücklich, so wie ich ihn kannte. Behutsam strich ich ihm eine Strähne aus dem Gesicht und betrachtete es genau. Seine schmalen Lippen wurden von einem Dreitagebart umrandet. Ein verträumter Blick zierte seine Augen, in denen ich mich verlieren könnte. Unweigerlich musste ich mir die Frage stellen, ob das kurze Abenteuer mit Carver den Wert besaß, diesen Mann und die schönen Erinnerungen einfach wegzustoßen. All die Jahre, die ich mit ihm verbrachte, war ich glücklich und er verletzte mich nicht, außer dieser eine Fehltritt mit Lilly.

Sanft strich ich seine Konturen nach und hielt seinem Blick stand. Es fühlte sich gut an in seinen Armen. Diese Geborgenheit, der Schutz, bei ihm wusste ich, dass mir an nichts fehlen würde. Unaufhaltsam machte sich in mir dieses Verlangen breit, ihm näher zu sein. Vorsichtig rutschte ich ein klein wenig höher und stützte mich mit meinem Arm neben seinem Kopf. Mit der anderen Hand durchstrich ich zärtlich sein Haar. Ein wohliges Gefühl legte sich durch meinen Körper und ließ mich seufzen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich jemals wieder so nah an Mason liegen würde.
»ich liebe dich, Alexa«, hauchte er aus, erhob sein Gesicht und durchdrang den Abstand zwischen uns, bis ich seine warmen Lippen auf den meinen spürte. Im ersten Moment perplex von seiner Handlung erfasste ich nicht, wie mir geschah. Fahrig drängte sich seine Zunge in meinen Mundraum und lockte die meine zu einem leidenschaftlichen Tanz. Ich konnte mir nicht erklären, warum ich mitmachte. Weder der Kuss noch seine Berührungen auf meiner Haut lösten auch nur annähernd das aus, was ich mir wünschte. Für mich fühlte sich alles an wie zuvor und dennoch spielte ich eine gewisse Zeit mit, ich erhoffte mir, dass sich mein Körper zuerst einspielen musste. Erst als seine Hand behutsam unter mein Shirt wanderte und über meinen Bauch strich, bremste ich ihn aus.

»Nicht, das geht mir zu schnell...«, versuchte ich eine Erklärung zu finden, die ihn nicht vor den Kopf stoßen würde. Ich wollte ihm nicht direkt sagen, dass mir unwohl bei dem Gedanken war, schwanger von Carver zu sein und hier mit ihm zu liegen. Mit zu einem Lächeln verzogenen Mundwinkeln ließ er sich zurückfallen und strich sanft eine Strähne hinter mein Ohr.
»Ich wollte dich nicht drängen, bitte verzeih« durch ein knappes Nicken zeigte ich, dass ich seine Entschuldigung annahm, und setzte mich dann vorsichtig auf. Wie erstarrte fixierte ich meine Hände, wobei ich meine Finger ineinander verschränkte.
»Es liegt nicht an dir...«, hauchte ich nach einem Moment der Stille aus und schloss meine Augen. 

»Ich kann einfach nicht so tun, als sei nichts gewesen. Mason, zwischen uns liegen 3 Monate, in denen sich verdammt viel geändert hat.«
»Nichts hat sich geändert, du warst damals alles für mich und bist es bis heute noch!«, sagte er bestimmend und Übergang wie so oft das, was ich meinte. Ein paar Mal hatten wir dieses Thema schon angefangen, doch jedes Mal wimmelte er es ab.
»Das mag sein...aber ich...« wieder mal musste ich mir eingestehen, dass ich mit ihm nicht über meine Schwangerschaft reden konnte. Ich wollte es nicht totschweigen, doch ich erinnerte mich noch zu gut an Mason Reaktion, als er davon erfuhr.
»Sag es nicht, bitte«, flüsterte er schon fast, als ich bereits den leichten Druck seiner Hand auf meiner Schulter spürte. 

»Ich versuche es zu vergessen und du solltest es ebenfalls machen. Es wäre das Beste für dich.«
Entsetzt fuhr ich herum, mit diesen Worten hatte er mich aus der Starre gerissen. Augenblicklich weiteten sich meine Augen, während ich versuchte nicht vor Aggression zu platzen. 

»Das lässt sich nicht übergehen! Ich bin schwanger, Mason, ich werde ein Kind bekommen und habe bereits beschlossen es aufzuziehen!«

Mit diesem Satz stand ich auf und ging zur Türe, ich wollte den Raum verlassen, bevor die Situation eskalierte und einer von uns etwas sagte, was er im Nachhinein bereuen würde.
»Mach dich fertig, ich warte unten auf dich. Du weißt, Carver wartet nicht gerne«, erklärte ich ruhig und zog die Tür hinter mir zu. Augenblicklich lehnte ich mich an die Wand und atmete tief ein. In Gedanken wiederholte sich ständig die Frage, warum ich den Kuss zugelassen hatte. Mir wurde klar, dass ich ihm mit dieser Handlung Hoffnungen gemacht hatte, die ich nicht einhalten konnte. Wie sollte ich mit einem Mann zusammen sein, der vollkommen ignorierte, dass ich das Kind eines anderen in mir trug?

Mir war nicht bewusst, wie lange ich wartete, aber irgendwann trottete Mason wie in Trance die Treppe herunter. Er wirkte nachdenklich, vermutlich wegen dem, was vorhin geschehen war. Innerlich hoffte ich, dass er dieses Thema nicht ansprach. Neben mir blieb er stehen und hauchte nur ein ‚Na los‘ aus, ehe er meinen Arm fasste und mich rauszog. Ohne große Reden brachte er mich zu mir nach Hause. Ihm schien bewusst zu sein, dass ich mich fertigmachen musste. Ich ahnte, dass der Abend vollkommen schief laufen würde, zumindest stellte ich es mir so vor. Meine Reaktion, auf ein Gespräch über Carver, führte zu einem Heulkrampf. Wie sollte es dann kommen, wenn er sich mit mir im gleichen Raum aufhielt und womöglich eine andere Frau küsste. Allein diese Vorstellung jagte mir einen Stich durch mein Herz.

Als ich das Haus betrat, umfing mich die gewohnte Stille. Es wunderte mich nicht, dass niemand zuhause war. Für den Fall, dass meine Eltern für ein paar Tage hier waren, standen sie ständig unter Stress und lieferten sich einen Termin nach dem anderen. Mich würde es nicht mal verwundern, wenn ich lediglich eine Nachricht darüber erhalte, ob sie hinter mir stehen oder nicht. Ich trat ein und lief die Treppe hoch, Mason hatte es eilig, was ich ihm nicht verübeln konnte, immerhin waren wir wirklich spät dran. Sichtlich erstaunt betrat ich mein Zimmer, alles lag so, wie ich es zurückgelassen hatte. So kannte ich meinen Vater nicht. Sobald ihn etwas interessierte und er keine Antwort bekam, suchte er eigentlich nach einer Erklärung. Hastig öffnete ich meinen Schrank und wühlte grob nach Kleidung, die zusammenpasst, aber meinen Umstand nicht direkt zeigte.

Nach einigem hin und her hatte ich mich entschlossen. Ein lockersitzendes Shirt, welche als kurze Ärmel sowie am Bund Netzapplikationen hatte und auf deren Front ein Aufdruck war, der einem Schild ähnelte, auf dem das Wort ‚Bitch‘ stand, zierte meine Oberkörper. Dazu trug ich einen schwarzen Rock, knielang mit Gürtelschlaufen und zwei Taschen an der Frontseite. Ein feminier Schnitt, also oben eng anliegend und nach unten leicht ausgestellt, sorgte dafür, dass der Blickfang von meinem Bauch verschwinden sollte. Um ganz sicher zu gehen, dass niemanden auch nur ein bisschen auffiel, zog ich noch eine dunkle Kapuzenjacke an, auf deren Rücken prächtige Engelsflügel prangten. Als Schuhe trug ich schwarze Sandalen, die mit zwei Riemen an meinen Füßen halten sollten, Nieten verzierten das untere Band und den etwa fünf Centimeter hohen Absatz. Im Bad kämmte ich schnell meine Haare durch, um danach zu Mason zurückzukehren, der schon unruhig im Flur auf und ab ging. Unverzüglich brachen wir auf und mit jedem Meter, den wir dem Gelände näherkamen, wurde ich nervöser.

Die stickige Luft schnürte mir sofort den Atem ab. Ich hätte nie gedacht, dass man so empfindlich reagieren würde, nur aufgrund einer Schwangerschaft. Masons Arm um meine Taille festigte sich. Ohne ein Wort seinerseits schmiegte ich mich an ihn.
»Möchtest du warten, oder traust du dir zu, ihm gegenüberzustehen?«, hauchte er in mein Ohr und lehnte seinen Kopf an meinen. Für andere mussten wir aussehen wie ein Pärchen, aber dies störte mich gerade am wenigsten. Meine Gedanken schlichen sich nur um das eine. Kaum schloss sich die Tür hinter uns, wurde mir bewusste, das Mason seine Frage vollkommen umsonst stellte, den Carver stand bereits vor uns. Augenblicklich spürte ich, wie sich mein Magen zusammenzog. Seit drei Monaten hatte ich ihn nicht mehr gesehen und jetzt musste ich feststellen, dass er nichts von seinem Charme verloren hatte..

»Ich hatte nicht gedacht, dass du ernsthaft auftauchst, Mason«, klang sofort seine abschätzende Stimme zu uns durch. Mason verkrampfte, eigentlich konnte ich mir nicht erklären, was ihn hier hielt. Es war sein Traum, genau dieser Biker-Gang beizutreten, aber dennoch war mir die Vorstellung zuwider, dass es angenehm für ihn war.
»Allerdings hätte ich nicht darauf gebaut, dass du die Kleine wirklich überredet bekommst«, führte er seine Worte weiter. Augenblicklich lehnte ich mich noch ein Stück näher an meinen Begleiter, als die Blicke unseres Gegenüber zu mir drangen. Mein Atem stockte, als ich direkt in seine blutroten Augen schauen konnte. Umgehend verlor ich mich in ihnen. In Sekundenschnelle gewannen die ganzen Gefühle für ihn wieder Oberhand. Auf seinen Lippen bildete sich ein schelmisches Grinsen, wobei er seinen Blick wieder auf Mason richtete.

»Lilly wartet an der Bar auf dich, geh einen mit ihr heben. Ich kümmer mich so lang um die Lady.« Es war eher ein Befehl als eine Bitte, doch Mason blieb standhaft neben mir stehen und lockerte seinen Griff nicht im geringsten. Erst als ich ein leises ‚geh ruhig‘ hauchte, drehte er sich zu mir und presste flüchtig seine Lippen auf meine. Mit einem Lächeln ließ er mich los und schritt langsam davon. Ich schaute ihm nach, bis ich ihn hinter einer kleinen Gruppe verlor.
»Du bist demnach wieder mit diesem Loser liiert?«, riss mich die dunkle Stimme meines Gegenüber aus der Beobachtung. Erschrocken drehte ich mich in seine Richtung und versuchte seinem Blick standzuhalten.
»Was geht es dich an? Vielleicht spiel ich auch nur ein Spiel, so wie du es machst«, konterte ich und ließ meine Stimme möglichst emotionslos klingen. Die Mundwinkel von Carver verzogen sich, sein Grinsen war verschwunden.
»Du bist nicht wie Lilly«, entgegnete Carver, doch ich ignorierte seine Worte gänzlich und sah an ihm vorbei. Kurzerhand drehte ich mich weg und ging einfach drauf los in die Menge.

»Alexa, jetzt warte!«, hörte ich ihn hinter mir rufen, doch ich reagierte nicht, sondern schritt weiter voran. Mir war nicht danach länger mit ihm zu reden und so drängte ich mich durch die kleinen Grüppchen, ehe ich die Bar sehen konnte. Mason lehnte am Holz und redete mit Lilly. Ich atmete noch mal tief ein, bevor ich mich entschloss auf die beiden zuzugehen. Doch genau in dem Moment, in dem ich ansetzte, meinen Weg fortzuführen, fasste mich eine Hand an der Schulter und drückte mich unsanft auf einen Barhocker, der zu meiner rechten stand.
»Ich sagte warte!« Die roten Augen meines Gegenüber blitzten auf vor Zorn und vereint mit der gereizten Stimme jagte es mir einen unangenehmen Schauer den Rücken herunter.
»Was willst du noch? Vor drei Monaten haben wir alles geklärt, oder gibt es noch irgendetwas Wichtiges?« Meine Stimme zitterte unter der Anspannung, die sich durch sein Art über meinen Körper zog. Quälend langsam näherte er sich, bis er schließlich unmittelbar vor mir stand. Er konnte sich nicht erahnen, was er damit in mir auslöste, oder er wollte mich gänzlich zerbrechen. Sein warmer Atem streifte meine Wangen, während er mit seinem Gesicht unaufhaltsam näher kam.

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