Donnerstag, 12. September 2013
Kapitel 21
Das Quietschen der Reifen bei
der starken Bremsung lag weiterhin in meinen Ohren, als ich bereits
die Stufen in das Anwesen hochrannte. In diesen Sekunden drangen mir
die schrecklichsten Bilder um das Geschehen im Inneren durch den
Kopf. Carver war außer sich, in diesem Zustand war er wirklich zu
allem fähig. Eilig rannte ich den langen Gang herunter und
verschaffte mir einen kleinen Überblick über die Situation. Erst an
der braunen Schiebetür zum Wohnraum hielt ich ein. Keuchend stemmte
ich mich gegen den Türrahmen und blickte ins Innere. In der letzten
Zeit hatte meine Kondition ernsthaft nachgelassen. Bereits nach den
wenigen Metern fühlte ich mich wie nach einem Marathon, doch dies
verdrängte ich eiligst, als ich die Männer auf dem Boden inmitten
eines Scherbenhaufens erblickte. Beide wirkten lädiert, Mason jedoch
um einiges stärker.
Japsend lag er unter seinem
Gegner und schien verzweifelt nach einem Ausweg zu suchen. Wie
erstarrt verfolgte ich die Situation. Das Blitzen in Carvers Augen
lies Unheilvolles erahnen, während er seine geballte Hand in die
Höhe zog und auf den Unterlegenen richtete.
»Dir ist jedes Mittel recht
uns zu trennen, oder?!?«, spie er ihm wutentbrannt entgegen und
achtete dabei keine Sekunde auf sein Umfeld. Just in diesem Moment
rammte er die Faust auf das Gesicht Masons zu. Wie gebannt folgten
meine Augen eben dieser. In Zeitlupe drangen die Bilder zu mir durch.
Die geballte Hand meines Freundes näherte sich Stück für Stück
seinem Gegenüber und drohte sich mit voller Wucht dem Aufprall zu
nähern
»Welche Wahl gab es für
mich? Sollte ich ihn in dem Glauben lassen, dass das Kind von dir
sei? Meinst du, es wäre ihr dann besser ergangen? Denkst du nicht,
dass er eben dies gegen dich verwendet hätte?«, drangen
hasserfüllte Worte aus Masons Mund und schallten im Raum wieder. Wie
gebannt starrte ich auf die beiden Streithähne, unfähig auch nur
einen Ton aus meiner Kehle zu würgen.
»Ja, ich will euch getrennt
sehen, aber dann aus ihren freien Stücken! Spätestens, wenn sie
sieht, was du für ein Dreckskerl bist, wird sie dich verlassen!«
Mason war sich seiner Worte sicher und merkte nicht mal, für welchen
Hass er in seinem Gegner sorgte. Sogleich hielt ich die Luft an und
versuchte den Blick abzuwenden, ich kannte diesen Groll, mehr noch,
ich wusste zu was er führen würde. Erst ein dumpfer Knall ließ
mich aufblicken.
Carver stemmte sich mit seiner
Faust auf den harten Fliesenboden. Mason hatte beide Augen fest
zusammengepresst und schien auf den Schmerz zu warten der folgen
musste, doch blieb dieser aus.
»Du hast mehr Glück als
Verstand!«, spie mein Freund wutentbrannt, als er sich abrupt von
dem Unterlegenen löste und seine Sicht auf mich wendete. Er erweckte
den Eindruck mich bemerkt zu haben, ohne nur einmal seinen Kopf
angehoben zu haben und erst da öffnete Mason seine Augen. Sein Blick
wandte ab, als er diesen gerade auf mich gerichtet hatte. Wer
rechnete auch damit, dass er mir in dieser Situation in die Augen
schauen könnte. Ihm war nicht bewusst, wie lange ich bereits an
diesem Ort stand, oder wie viel ich sonst über das Geschehene
wusste.
Carver ließ kaum einen
Augenblick verstreifen, als dieser sich schon neben mir befand und
mich eiligst in seine Arme schloss. »Alles in Ordnung bei dir? Geht
es dir gut?« Seine Stimme war ruhig und bedacht darauf keinen
weiteren Aufruhr in mir auszulösen. Wahrscheinlich dachte er an das
Kind und die Strapazen, die es bisher durchmachen müsste. Eigentlich
war ich bereits der Annahme, dass er wusste, was mir passiert war.
Ihm blieb selten etwas verborgen, wieso sollte es ausgerechnet dieses
Mal der Fall sein. Just in diesem Moment presste er seine Hände auf
meine Wange und legte fahrig seine Lippen auf meine. Die
Erleichterung, dass ich hier war, konnte man ihm sichtlich anmerken.
Sogleich sich seine Lippen von mir gelöst hatten, umschlangen seine
Arme bereits meinen Körper und drückten mich an seine stählerne
Brust.
»Uns ist nichts geschehen«,
versuchte ich mit leiser Stimme meinen Liebsten zu beruhigen und ihm
die größte Angst zu nehmen. Bis auf den Schock, den Blake mir bei
der Entführung machte, gab es auch keine handgreiflichen Überfälle
auf mich. Lediglich die verbale Konfrontation mit Lilly, bei welcher
ich die Tatsachen nicht wusste und mir ebenfalls der Mut fehlte,
diese einzuholen. Im Augenwinkel konnte ich erkennen, dass sich Mason
langsam aufrappelte. Zögerlich und versuchend nicht eine hektische
Bewegung von sich zu geben. Erst als er stand, richtete er seine
Blicke auf meinen Freund. Dieser Hass, der sich in seinen
Seelenspiegeln widerspiegelte, war kaum zu übersehen. Ich ahnte
bereits jetzt, dass dies noch lange nicht das Ende war. Mason war
nicht mehr der zurückhaltende junge Mann, der sich rumkommandieren
ließ. Das Leben hatte ihn gekennzeichnet und verändert.
»Willst du weiterhin
verleugnen, was er für ein Monster ist? Wie lange verschließt du
deine Augen noch vor der Wahrheit? Soll er erst dich und dein Kind in
den Tod führen?« Masons Hass schallte in einer erhobenen Lautstärke
durch den Raum. Die Tatsache verdrängend, dass er die Person war,
die mich in die Situation der letzten Stunden brachte, machte er
seiner Wut platz. Ihm war vollkommen egal, dass sämtliche Türen
offen standen. Sogar Gabriels Ankunft im Zimmer störte ihn
keineswegs. Ich selbst schenkte ihm nur eine Sekunde meine
Aufmerksamkeit. Ein kurzer Blick auf sein runtergekommenes Wesen,
mehr war er mir gerade nicht Wert. Wie konnte ich mich in diesem
Jungen so täuschen? War seine Liebe so erdrückend, dass er mir mein
Glück nicht gönnte? Oder wusste er etwas, von dem ich nichts ahnte?
»Travis hat sie gehen lassen,
alles verlief ohne Schwierigkeiten«, begann Gabe seine Aussage, die
er an meinen Liebsten wendete und mich aus meinen Gedanken rissen.
Wie gebannt hing sein Augenmerk an den Lippen seines besten Freundes
und saugten nahezu jedes Wort auf. »Carver, halte ihm zugute, was er
getan hat. Er ahnte nicht, dass das Kind in ihr deines ist! Rechne
ihm an, dass er Lillys Wut abfangen wird!« In diesen Worten merkte
man, wie viel Gabriel die Freundschaft zu dem undurchdringlichen
grünäugigen Mann bedeutete und wie sehr er ihn schätzte. Ihm war
bewusst, das Carver derzeit von blankem Hass geführt wurde und
dennoch nahm er den wahrscheinlich größten Widersacher meines
Freundes in Schutz. Er achtete nicht mal auf die Kosequenzen, die
diese Handlung mit sich führen könnte. Erst jetzt wurde mir
wirklich bewusst, in welcher heiklen Lage er sich befand.
Er balancierte auf einem
dünnen Drahtseil, unter ihm nichts als der freie Fall. Dennoch nahm
er den Mut heraus, einen der stützenden Pfeiler anzustoßen, die ihm
den nötigen Halt gaben. Langsam drehte ich mein Gesicht in seine
Richtung. Ich war etwas überrascht von seiner Haltung, doch noch
mehr übermannte mich die Überraschung, als ich seinen neutralen
Gesichtsausdruck bemerkte. Er war sich sicher in den Worten, die er
aussprach. Nicht einen Moment bangte er, die Wut Carvers
abzubekommen. Die Mimik des Mannes neben uns verdeutlichte eine
Standfestigkeit, wie ich sie selten zu Gesichte bekam und schon mal
gar nicht gegenüber Carver. Die meisten schreckten zurück,
fürchteten ihm etwas zu sagen, was er gar nicht hören wollte, doch
dieser Junge war anders.
»Ich versuche es zu beachten,
aber ich garantiere für nichts! Sie sind zu weit gegangen!« Carver
sprach ruhig und dennoch vernahm man unmittelbar den Hass aus seinem
Unterton. Klar und deutlich drang er dabei hervor. Wie konnte dieser
Mann nur seinen Zorn auf eine Person bündeln? Eben noch schrie er
wie eine Furie Mason an und im nächsten Augenblick war er bereits so
ruhig gegenüber mir. Auch jetzt, wo ihn sein bester Freund mit
Worten ansprach, die diesen nur weiter in Rage brachten, blieb er
weiterhin die Ruhe selbst und lies sich dies in keinster Weise
anmerken. Ich könnte mich so nicht verhalten. Wenn ich einmal in
Aufruhr war, spürte das jeder in meiner Umgebung und nicht nur die
einzelne Person, die es schuld war. Carver presste mich ein weiteres
Mal an seinen Brustkorb und hauchte mir währenddessen einen Kuss auf
die Stirn.
»Lass uns gehen, Babe. Du
brauchst jetzt Ruhe.«, waren die Worte, die ausgesprochen wurden,
ehe mich mein Gegenüber an der Schulter zum Umdrehen bewegte. Nur
für einen Moment erhaschte ich im Augenwinkel eine Bewegung,
lediglich eine kleine Regung zur Seite, die Mason machte. Doch
sogleich durchzog meinen Bauch ein erdrückendes Gefühl. Ich konnte
mir selber nicht erklären, woher es kam, mit jedem Schritt, den mich
Carver Richtung Ausgang drückte, wurde es schlimmer.
Hastig drehte ich meinen Kopf
herum, die Hoffnung, ich könnte von dieser Position meinen Ex-Freund
genauer betrachten, trieb mich an. Es waren nur wenige Sekunden, in
denen ich seiner Bewegung folgte, ehe sich der hölzerne Türrahmen
in mein Blickfeld legt. Diese Augenblicke reichten jedoch, um zu
erkennen, was er tat. Eiligst griff der Lädierte zu der obersten
Schublade eines Sideboards. In einem Zug hatte er sie aufgezogen und
haschte rein. Vor mir zogen die Bilder in Zeitlupe vorbei, ich wusste
genau, was sich dort befand. Ich kannte jeden Winkel in diesem Haus,
alle Kleinigkeit in den Schränken. Angsterfüllt und mit rasendem
Herzen presste ich meine Hand auf Carvers Brust. Ich kann nicht
sagen, ob sich ein Schreien oder ein Rufen über meine Lippen
verirrte, aber er drehte sich augenblicklich zu seinem Feind um.
Selbst Gabriel tat es ihm gleich. Das Entsetzen stand beiden ins
Gesicht geschrieben, als Mason in den Türrahmen trat.
»Wenn ich sie nicht haben
kann, soll sie niemand haben!«, spie er hasserfüllt die Worte aus,
die wahrscheinlich jedem im Haus noch lange nachhalten. Alles geschah
in diesem Moment so schnell, eine Handlung folgte der Nächsten.
Mason baute sich zur vollen Statur im Türrahmen auf. Mit zittrigen
Händen hielt er die Knarre seines Vaters in die Höhe. Ich konnte
nicht sagen, auf wen er genau zielte, aber allein die Tatsache, dass
er es tat, ließ meinen gänzlichen Körper erschaudern. »Mach es
nicht schlimmer als es schon ist!«, spie Carver aus, während er
mich vollends hinter sich schob. Dieser Junge am Ende des Ganges, war
in keinster Weise mehr der, den ich vor Jahren kennengelernt hatte.
Irgendwas hatte ihn vollkommen verändert und ihn mit einem Hass
genährt, den ich von ihm nicht kannte.
Langsam begann er, einen
Schritt nach dem anderen, in unserer Richtung, zu machen. Selbst
Carver blieb wie angewurzelt vor mir stehen, fast, als würde es mein
Ende bedeuten, wenn er sich auch nur einen Meter von mir entfernte.
»Alec, bleib hinter mir!«, mahnte er mich mit scharfer Stimme, doch
obgleich er es mir gesagt hat, hätten sich meine Beine nicht bewegt.
Wie Stein hielten sie mich auf dem Fleck fest, gebunden von meiner
Angst vor dem, was passieren könnte. Diese unumgängliche Situation
forderte gerade meine letzten Kraftreserven. Und dennoch stellte sich
mir nur die Frage, wie dieses Chaos ausgehen sollte.
In
meinen Gedanken spielten sich sämtliche Szenarien ab. Carver würde
versuchen den Held zu spielen. Just in diesem Moment könnte Mason
den Abzug betätigen und traf ihn oder mich. Vielleicht sogar ein
glatter Durchschuss durch den Brustkorb meines Liebsten und somit uns
beide?
Doch am meisten Bestand die Hoffnung. Hoffnung darüber, dass Mason zur Besinnung käme und die Waffe niederlegen würde. Mir war bewusst, dass Carver ausgerechnet diese Reaktion abwarten würde, um dann über diesen herzufallen. Doch schien es für mich die Glimpflichste. Unser Gegenüber war nicht der Junge, der Waffen nutzte. Er war redegewandt, konnte die Menschen für sich gewinnen. Normalerweise war er zu freundlich für diese Welt, nun war er mir fremd. Gerade er verabscheute Gewalt. Als Kind wollte er sich nicht mal prügeln und jetzt das. Wie gebannt beobachtete ich jede kleinste Regung von Mason, während er mit starrem Blick auf uns zu kam. Keinen Moment wendete er seine Augen von uns. Fixiert und angetrieben von seinem Hass setzte er einen Fuß nach dem anderen vor sich, bis er nur noch wenige Schritte von uns entfernt zum Stehen kam.
Doch am meisten Bestand die Hoffnung. Hoffnung darüber, dass Mason zur Besinnung käme und die Waffe niederlegen würde. Mir war bewusst, dass Carver ausgerechnet diese Reaktion abwarten würde, um dann über diesen herzufallen. Doch schien es für mich die Glimpflichste. Unser Gegenüber war nicht der Junge, der Waffen nutzte. Er war redegewandt, konnte die Menschen für sich gewinnen. Normalerweise war er zu freundlich für diese Welt, nun war er mir fremd. Gerade er verabscheute Gewalt. Als Kind wollte er sich nicht mal prügeln und jetzt das. Wie gebannt beobachtete ich jede kleinste Regung von Mason, während er mit starrem Blick auf uns zu kam. Keinen Moment wendete er seine Augen von uns. Fixiert und angetrieben von seinem Hass setzte er einen Fuß nach dem anderen vor sich, bis er nur noch wenige Schritte von uns entfernt zum Stehen kam.
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